Die Sonne schien auf den Frühstückstisch, der mit allem gedeckt war, was
zu einem guten Frühstück am Samstagmorgen dazu gehörte.
Anni und Heinz genossen die Sonne
auf ihrem Balkon und ließen es sich gut schmecken. Die Brötchen waren heute
wirklich besonders kross und die selbst gemachte Marmelade mundete beiden.
„Herrlich!“, unterbrach Heinz die Stille. „Was will man mehr. Wir müssen
wirklich nicht in den Urlaub fahren. Diese Idylle hier zu Hause und diese Ruhe
– einfach nur herrlich.“
Anni stimmte ihm zu. Doch in den Urlaub wollte sie dennoch fahren. Und
es wäre gar nicht so schlecht, wenn da mal etwas mehr los wäre, als hier in
diesem verschlafenen Nest, in dem sie wohnten. Aber das verriet sie Heinz noch
nicht. Sie würde schon etwas Passendes finden.
„Heute Nachmittag soll es regnen“, erzählte Anni. „Ich habe es gestern
Abend im Wetterbericht gehört.“
„Na, dann werde ich noch schnell den Rasen mähen, bevor es los geht“,
meinte Heinz und machte sich auf den Weg Richtung Garage, um den Rasenmäher zu
holen. Anni ging derweil ihrer Arbeit im Haus nach.
Am frühen Nachmittag begann es tatsächlich zu regnen. Schade. Der Tag
hatte so herrlich begonnen.
„Wir können ja noch etwas unternehmen“, schlug Heinz vor. Das war
wirklich eine sehr gute Idee.
„Heinz, wir könnten doch zu ‚Wohnland’ fahren, wir wollten doch nach
einer neuen Tischlampe für das Wohnzimmer schauen“, meinte Anni.
„Also, um bei der Wahrheit zu bleiben“, antwortete Heinz, „du meinst,
wir brauchen eine neue Lampe. Aber da ist doch noch gar nichts dran, an unserer
Lampe. Die kann man doch nicht einfach so wegschmeißen.“
„Man kann, Heinz, man kann“, war Annis Reaktion. „Dieses alte Ding kann
ich nicht mehr sehen und wer weiß, vielleicht fällt sie mir beim Putzen sowieso
einmal herunter.“
„Immer muss alles neu kommen. Versteh ich nicht“, murrte Heinz. Anni
kannte das schon. Gleich würde er einlenken und sie würden ins ‚Wohnland’
fahren.
„Na gut, von mir aus, aber dann fahren wir auch jetzt gleich“, brummte
Heinz.
Keine zwei Minuten später hörte man Heinz rufen: „Anni, bist du soweit?“
„Wie jetzt?“, dachte Anni. „Bist du soweit?“ „Natürlich nicht“, rief
Anni zurück, „ich muss mich doch zuerst umziehen.“
„Umziehen?“, hörte man Heinz rufen, der bereits abfahrbereit an der
Treppe stand. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich mich umziehe. Wir
wollen doch nur eine Lampe kaufen und nicht ins Theater gehen.“
Anni hatte jetzt zwei Möglichkeiten. Erstens: Sie nahm ihn mit, so wie
er war, oder zweitens: sie schmollte.
Anni öffnete die Schlafzimmertür und dort stand er, ein Traum von einem
Mann: Die Halbglatze - gut, dafür konnte er nichts, war erblich bedingt -
zierte eine schwarze Schirmmütze. Unter dem Hals bis knapp in die Taille trug
er ein in die Jahre gekommenes und etwas enges hellblaues T-Shirt. Am Bündchen
schauten neckisch ein paar Härchen heraus – es fehlten halt 2 cm bis zum
Hosenbund. Dann folgte eine olivgrüne 7/8 Hose. Die Füße zierten graue selbst
gestrickte Socken und offene Latschen. Nun war guter Rat teuer.
Anni wusste: Er würde sich nicht umziehen, was auch immer sie an
Argumenten bereit hätte. Also atmete sie tief durch.
Doch etwas ging gar nicht: die Socken.
„Von mir aus kannst du so bleiben“, lenkte Anni ein, „aber die Socken,
die gehen gar nicht. Wenn du sie ausziehst, dann können wir los.“
Und tatsächlich. Heinz zog die Socken aus und die beiden fuhren zum
Möbelhaus und fanden eine Lampe, die sogar Heinz gefiel. Anschließend gingen
sie in ein Café, aßen leckeren gedeckten
Apfelkuchen und tranken Cappuccino.
„Siehste, Anni“, kommentierte Heinz den Nachmittag, „kein Mensch hat
mich angesprochen, wie unmöglich ich angezogen sei. Du machst immer viel zu
viel Gedöns um die Klamotten.“
Anni stopfte sich ein Stück Apfelkuchen in den Mund. Das war allemal
besser, als zu explodieren.
„Man muss die Menschen einfach so nehmen, wie sie nun mal sind“, dachte
Anni. „Und schließlich habe ich mich ja in ihn verliebt, weil er so ist, wie er
nun mal ist“.
© Martina
Pfannenschmidt, 2014